Gute Nachtgeschichten

Der Tongakonflikt

verfaßt 1982

(Bemerkung1999: überraschend aktuell!)

21.07.1983

UPI meldet: "Tongainseln besetztl"

"In den frühen Morgenstunden besetzten starke Truppenverbände Neuseelands die Tonga-Inseln, die letzten noch unter deutscher Verwaltung stehenden ehemaligen Kolonien.

Das neuseeländische Oberkommando erklärte ein Gebiet von 150 Seemeilen rund um die Tongainseln zur militärischen Sperrzone. Der deutsche Komissarische Verwalter Heiko von Hengstenberg sowie der einheimische König -Tongo Mabuto - wurden interniert, Menschen kamen nicht zu Schaden."

22.07.

Süddeutsche Zeitung:

"Entrüstung über die Besetzung der Tongainseln durch Neuseeland.

Bundeskanzler Helmut Schmidt fordert den sofortigen Abzug der neuseeländischen Truppen.

Der Weltsicherheitsrat wird einberufen."

23.07. :

Der Deutsche Bundestag verhandelt über die Tongakrise:
Oppositionsführer Helmut Kohl: "Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler, ich frage Sie: wußten Sie nicht um die Bedrohung der Tango- Inseln innerhalb der letzten vier Wochen durch neuseeländische Kampfgeschwader ?! Das deutsche Volk, Herr Bundeskanzler, verlangt von Ihnen die Tangolinseln zurück !! .... "Tonga-Inseln heißt es", raunt ihm Heiner Geißler zu..,- "die Tonga-Inseln, Herr Bundeskanzler, müssen dem Deutschen Volke zurückgegeben werden."

Bundeskanzler Helmut Schmidt: "Meine Damen und Herren, damals bei meinem Amtsantritt als deutscher Bundeskanzler habe ich gelobt, dem Wohl des deutschen Volkes zu dienen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden.
Niemand von uns, auch Sie, Herr Dr. Kohl nicht, hat mit der Agression eines bisher befreundeten Staates gerechnet. Wir werden verhandeln -hart -, und wir werden auch militärische Schritte in Erwägung ziehen.
Die Marine unserer Bundeswehr wird mit vierzig Kampfschiffen, begleitet von Phantom-jägern und anderen Teilen unserer Luftwaffe -zum Südpazifik entsandt.

Wir hoffen, daß die andere Seite dieses Zeichen zur Kenntnis nimmt."

Franz-Josef Strauß: "Und, sakrateifi, die Historie hat doch gezeigt, daß der internationale Weltkommunismus, die Soffjetunion, sich jedes Machtvakuum zu eigen macht.
Binnen kurzem werden menschenverachtende soffjetische Truppen den Südpazifik kontrollieren, wenn wir nicht den Ernst der Lage erkennen und eine historische Wende einleiten.
Ich habe damals zu der Zeit, als ich Verteidigungsminister war, wiederholt darauf hingewiesen, auf dieses Thema von ganz erheblicher erstens weltpolitischer und zweitens geostrategischer Bedeutung, von drittens, den weltpolitisch-wirtschaftlichen Verflechtungen
einmal ganz abgesehen.
Das muß sich diese sozialistische Bundesregierung doch ganz ungeschminkt vor Augen halten, sapperlot, potzdeifi, Himmel, Arsch und Zwirn!
Nun bekommt die Koalition die Quittung für ihre Ignoranz und den Verrat am deutschen Wähler."

25.07.:

Der UN-Sicherheitsrat tagt.

Neuseelands Vertreter: "Die Tonga-Inseln gehören eindeutig und für immer zum Territorium unseres Staates.
Ein Blick auf die Landkarte wird Sie dessen belehren: die Inseln liegen nur 2000 km von unserem Territorium entfernt, wohl aber 18.000 km entfernt von der BRD.
Zudem strandete 1850 ein neuseeländisches Frachtschiff an der tongischen Küste, und deshalb ist heute ein Drittel der tongischen Bevölkerung neuseeländischer Abkunft.
Was weiß der deutsche Kanzler -im Gegensatz zu unseren Maoris - von dem Wohlgenuß des in Tonga millionenfach gefangenen und verzehrten Palolowurmes?! Nichts, und auch deshalb soll Tonga nie wieder dem deutschen Imperialismus in die Hände fallen!" (Beifall eines Großteils der UN-Mitglieder).
Spontan bietet DDR-Staatsratsvorsitzender Genosse Erich Honecker dem neuseeländischen Premierminister die Entsendung von 2.000 Militärberatern, Fallschirmspringern der NVA, an.

Bundeskanzler Helmut Schmidt: "Der Verteidigungsfall nach Artikel 115 des Grundgesetzes wird ausgerufen! Erst nach dem vollen Abzug aller neuseeländischen Truppen wird die Bundesrepublik über die Zukunft der Inseln verhandeln!"
(Die EG-Staaten applaudieren, mit Ausnahme Großbritanniens).

26.07.:
dpa meldet: "Die fieberhafte Krisendiplomatie des Generalsekretkrs der UN, Perez de Cutlhar, führte noch zu keinem Ergebnis. US-Außerminister Haig, der sich als Vermittler angeboten hatte, flog am 22.7. nach Bonn, am 23.07. nach Wellington, am 25.07. nach München zu einem Weißwurstessen mit hochrangigen Vertretern des NATO-Krisenstabes und am 25.07. in leichter Badekleidung zu den Fidschi-Inseln, wo er sich vierzehn Tage lang in unbekannter Mission aufhalten wird.
Unterdessen wurde der 217. Vorschlag von Perez de Cuelhar für einen mehrphasigen Waffenstillstand, sukzessiven Truppenabbau und Sicherung verschiedener Friedenszonen auf den Inseln mittels verschiebbarer Minengürtel abgelehnt.
Ein neuer Vorschlag, der eine gestaffelte 2 ¾ jährliche Übergangsverwaltung durch mauretanische, venezolanische, albanische und grönländische Truppen vorsah, wurde beiderseits von Bonn und Wellington als unannehmbar abgelehnt.
Perez de Cuelhar wird weitere Modelle entwickeln."

27.07.:
Die WELT: "Der Kanzler bleibt hart!"

Nach Otto von Bismarck, dem staatsmännischen Gründer des deutschen Reiches, hat das deutsche Volk wieder einen eisernen Kanzler, der seine bisherigen Kritiker, die ihn als "Sozialisten" beschimpften, verstummen läßt.

In der Solidarität aller Demokraten, einschließlich der Opposition, muß sich zeigen, daß es für unser christliches Abendland viel zu verteidigen gilt: Meinungsfreiheit, Demokratie, die freiheitliche Grundordnung und - Ähem - die völkische Ehre.... wenn nötig mit militärischem Druck"

28.07.:

Die deutsche Flotte hat die Malediven passiert und nähert sich Malaysia.

An Bord sind 4.000 Soldaten, hochwertige Waffentechnik von Henschel und Kraus-Maffei -es lebe die Sanierung der deutschen Wirtschaft!

Die FAZ meldet das Import-Embargo der EG gegenüber allen neuseeländischen Kiwi-Früchten und Lammkoteletts von neuseeländischen Schafen.

BILD ergänzt: "Die deutsche Hausfrau braucht dennoch nicht auf den truchtigen Kiwi-Geschmack zu verzichten.

Deutsche Wissenschaftler der Bayer-Werke in Leverkusen haben eine wohlschmeckende Kunststoffmasse entwickelt, die durch Besprühen mit einem Aroma-Kiwispray den charakteristischen Geschmack der Kiwifrucht widergibt."

30.07.:

Mittlerweile ist der tongische König freigelassen worden und mit seinen sechs Frauen, 51 Kindern und dem 180köpfigen Hofstaat in der Bundesrepublik eingetroffen.

DER SPIEGEL interviewte König Mabuto:
"Euer Exzellenz, Sie haben 1932 - 1935 an der Johann-Wolfgang-von Goethe Universität in Frankfurt am Main deutsche Sprache, Bienenzucht und Sport studiert. Was verbindet Sie mit Deutschland ?"
König Mabuto: "What do you mean?"
SPIEGEL: "You studied in Frankfurt, Johann-Wolfgang von Goethe..."
Mabuto: "Oh, yeah, Goethe was a famous pub there, I drank so much marvellous German beer. German beer, you know, is the best beer of the world! Hickups....."

SPIEGEL :"Euer Exzellenz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch."

01,08.:

BILD: "Schlimm hausen die Neusies auf unseren schönen sonnigen Inselnl

Deutschen Urlaubern wurde die Badekleidung aufgeschlitzt (Großfoto der Familie Joachimsen aus Pinneberg am Strand von Tonga mit aufgeschlitzter Badekleidung), Urlauber mußten die deutsche Nationalhymne mit obszönen englischen Versen singen und am Strand von Süd-Tonga sollen die Barbaren sogar einen Deutschen Schäferhund am Spieß geröstet haben. Das wird die Neusies teuer zu stehen kommen!

03.08.:

Nachrichtenagentur AP: "Wie erst jetzt bekannt wurde, sind bei einem Landungsversuch, der versehentlich auf dem stark radioaktiv verseuchten Bikini-Atoll durchgeführt wurde, zwei deutsche Fallschirmspringer ihren Verletzungen erlegen, die sie sich durch Strahleneinwirkung und das Betreten giftiger Seeigel zugezogen hatten."

BILD: "Sammelt für die Frauen und Kinder der toten Helden, gefallen im Kampf für die Freiheit!"

05.08.:

"Die Sonderkampftruppe des BGS, die GSG 9, hat während der Nacht die westlichste der Tonga-Inseln, leer und unbewohnt, in einem Sturmangriff eingenommen.
Es gab keine Verluste, lediglich ein BGS-Soldat wurde leicht verletzt durch die Schnabel-hiebe eines Mövenpaares, als der Eindringling ein Mövennest ausnehmen wollten

BILD: "Der Kampf unserer Helden!"

"Neue Serie: die Frauen unserer Helden erzählen: "So draufgängerisch ist mein großer Bär auch in der Liebe .... Fortsetzung folgt..."

o6.o8.:

Deutscher Bundestag: Erhard Eppler schlägt einen Waffenstillstand vor, solange es bislang noch keine Toten gab und zur Verhinderung militärischer Kampfhandlungen.
Die SPD droht ihm darauf hin mit Parteiausschluß.
Der Militärexperte der CDU, Manfred Wörner: "Niemand will, daß unnötig Blut vergossen wird.
Aber es geht hier um mehr als nur um Menschenleben: um Freiheit und Demokratie.
Diese Werte gelten auch für die uns anvertrauten Menschen auf den Tonga-Inseln.
Es wäre eine Diskriminierung dieser, ähem, Einheimischen, sie schutzlos den Neusies, Ähem, der neuseeländischen Soldateska, zu überlassen.
So sehr ich als Christ und Demokrat unsere ethische Verantwortlichkeit kenne, so gibt es doch Situationen, in denen der Einsatz von chemischen und bakteriologischen Waffen notwendig, ja sogar geboten sein kann"
Bundeskanzler Helmut Schmidt: "In dieser schweren Stunde kenne ich keine Parteien mehr, nur noch Demokraten.
So wahr ich der vom Volk gewählte Bundeskanzler bin: ich bringe Deutschland die Tonga-Inseln zurück!"

08.08.:

Die USA erklären nachträglich ihre Zustimmung zur Politik ihres NATO-Partners Deutschland.

Daraufhin bricht Wellington die diplomatischen Beziehungen zu Washington ab.

Australien erklärt ein Exportverbot für Känguruhs und Koalabären in die USA und die EG-Staaten.

Um die Situation zu entkrampfen lockert Frankreich die Kiwi-Sanktionen, was eine geharnischte Protestnote des deutschen Botschafters zur Folge hat.

Bei Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz können SPD und FDP alle vorigen Verluste wiedergutmachen, was als Belohnung für die Standfestigkeit von Bundeskanzler Schmidt gedeutet wird.

09.08.:

FAZ-Schlagzeilen: "Landung der deutschen Truppen auf der Hauptinsel Tongas! Errichten eines festen Brückenkopfes"

Ab 10.08. völlige Nachrichtensperre des Deutschen Außenministeriums.

Auch Neuseeland verhängt totale Nachrichtensperre.

Am 13.08. erklärt Bundesaußenminister Genscher überraschend, daß seit dem 10.08. keine Funkverbindung mehr zu den Tonga-Inseln bestehe.

Gleiches erklärt Neuseelands Außenminister Worcester der erstaunten Weltöffentlichkeit.

Frankfurter Rundschau: "Vermutlich toben entsetzliche Kämpfe auf den Inseln. Werden diese Handlungen noch durch die Staatsräson gedeckt? Generationen nach uns werden fragen, ob dieser Kampf einen Sinn hatte; können wir den Angehörigen der Toten darauf eine Antwort geben?"

14.08.:

Die schrecklichen Vermutungen scheinen sich zu bestätigen.
Ein deutsches Aufklärungsflugzeug meldet, aus großer Höhe eine beträchtliche Zahl von leblosen Körpern im Sand der Inseln liegen gesehen zu haben.
Alles - bis zum Strand! - sei mit diesen Körpern übersät gewesen.
Manche hätten sich noch leicht bewegt und gezuckt, auch Neuseeländer und Zivilbevölkerung seien zu erkennen gewesen.

16.08.:

dpa meldet eine Sensation: ein Überlebender des "Tongamassakers" wurde 200 Meilen südwestlich der Inseln aus dem Meer gefischt.

Für die ARD führte Claus Cassdorf folgendes Interview mit dem geretteten Major Heinrich Petersen:

"Herr Major Petersen, was geschah auf Tonga, gibt es überhaupt noch Überlebende?"

"Es ist schlimmer, viel schlimmer. Ich muß mich dazu zwingen, mir dieses grausige Geschehen wieder zu vergegenwärtigen."

"Bitte überanstrengen Sie sich nicht."

"Was sagen Sie mir das, als altem deutschen Landser, " 'habe schon bei der Wehrmacht an der Ostfront mitgekämpft! Also, wir landeten mit Amphibienfahrzeugen, Sturmgepäck und allem, was zu einer ordentlichen Invasion dazugehört. Wir kamen anfangs recht gut voran, hatten schon zwei Möven und einen Albatros erschossen, bis wir plötzlich auf einer Lichtung auf die Neusies stießen.

Anstatt da mit dem MG reinzuhalten, haben die Jungfüchse und Rotärsche angefangen zu verhandeln,
Dann geschah das Entsetzliche....-;"

"Ein Hinterhalt?"
"Nein, Potzdonner, kein Hinterhalt!
Eingeborene holten Palmwein, Rumfässer, Spanferkel, Musikboxen und noch schlimmere Dinge, die ersten Hüllen fielen.. Und dann soffen und feierten unsere Landser gemeinsam mit den Neusies und den Hula-Mädchen. Hören Sie, ich bin Guttempler, rühre seit vierzig Jahren keinen Tropfen Alkohol mehr an; ich habe die Leute angeschrien, ihre Pflicht zu tun, endlich zu kämpfen, Feuerauftrag erteilt, aber sie haben mich wieder und wieder ausgelacht! Als ich sie mit Fäusten bearbeiten wollte, während sie mit den Eingeborenen wilde Orgien begannen, sperrten sie mich in einen stinkenden Hühnerstall, bei Wasser und Brot!

Nach eineinhalb Tagen konnte ich mich jedoch befreien, bin zum Strand gerannt, vorbei an Hunderten von schnarchenden und rülpsenden Leibern kein Problem, da in der Nacht vorbeizukommen.
Ich habe mir ein Schlauchboot und ein paar Gallonen Wasser, dazu unsere guten Tuk-Trockenkekse geschnappt, trieb auf dem Ozean, bis die Rettung kam.

Bitte, bitte, schickt mich nicht zurück auf diese schreckliche Insel! Nie wieder, nie wieder!"

17.08,:

WELT AM SONNTAG: "DER UNTERGANG DES ABENDLANDES !"

Copyright: Burkhard Heidkamp 1982